Neue Serie 2018 über die Pogromnacht auf Facebook, geschehen 80 Jahre zuvor
Der Sägewerksbesitzer Arthur Propp wurde am 10. November 1938 auch inhaftiert. In der Gemeinschaftszelle wurde den jüdischen Männern schnell klar, dass die Nationalsozialisten sie alle erpressen würde, bevor sie wieder in die Freiheit kämen.
Propp erinnerte sich:
„S. kam mich abholen und führte mich hinauf zur Polizeistation. Im Zimmer stand eine wunderschöne Frau, die mich auf eine freundliche Weise ansah. Ich erstarrte: Ich hatte sie in meinem ganzen Leben nie gesehen. Doch offensichtlich würde sie mich anzeigen. Und der Rassenschande bezichtigt zu werden würde für mich das Ende bedeuten. Doch stattdessen sagte sie, in einem eher beiläufigen Ton: ‚Guten Tag. Sie müssen wissen, dass mein Mann die rechte Hand von Gauleiter Koch ist. Ich habe gehört, dass Sie daran denken, Ihre Villa in der Kronprinzenstraβe zu verkaufen. Ich bin mir sicher, Sie werden keine Einwände haben, wenn ich sie kaufe.‘ Nun, dachte ich, ein Haus zu verlieren ist besser als Rassenschande. ‚Gewiss,‘ antwortete ich, ‚es würde mich sogar freuen.’“
Propp emigrierte. Die Villa in der Kronprinzenstraße (ul.Minina and Pozharsky) steht heute noch. Aus den Memoiren „Von Königsberg nach Kanada“ von Arthur Propp (Autor), Dan Propp (Autor).
Im Februar 1938 erschien in Königsberg eine Liste jüdischer Unternehmer, Geschäfte und Ärzte. Dabei waren ebenfalls Privatadressen angegeben. Es war ein Adressverzeichnis, das auch für die Pogromnacht diente. Wie viele andere Personen wurde der Unternehmer Erich Flatow für einige Wochen verhaftet.
(Das Foto von Erich Flatow wurde von seinem 13-jährigen Sohn Manfred aufgenommen.)
„In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden wir gegen Mitternacht durch grossen Lärm auf der Strasse und in der anliegenden Synagoge aus dem Schlaf geweckt. Wir sahen durch die Fenster, wie der Nazipöbel in die Synagoge drang, die Thorarollen aus dem Schrank riss, die Synagoge systematisch zerstörte und schließlich anzündete. Danach überfiel der Pöbel – unter der Führung von SS-Leuten – das jüdische Waisenhaus und trieb die Kinder auf die Straße. […] Mit Mühe konnten wir, meine Frau, unsere einjährige Tochter und ich, unverletzt auf die Straße flüchten, ohne irgendetwas mitnehmen oder uns ankleiden zu können.“
Auch Dr. Kaelter wurde am 10. November verhaftet, aber nach 10 Tagen wieder entlassen. Dann emigrierte er mit seiner Familie nach Palästina.
Am frühen Morgen des 10. November 1938 wurden in Königsberg 450 jüdische Männer verhaftet und in das Polizeipräsidium gebracht. Dort wurden sie zum Teil geschlagen und mißhandelt, Besonders geschlagen wurde der Kantor Pick, der auf Forderung der SS-Leute das Horst-Wessel-Lied singen sollte, aber stattdessen einen hebräische Gesang anstimmte. Im Deutschen Reich wurden die jüdischen Männer in verschiedene KZs gebracht. Da der Abtransport in das Reich durch Polen (durch den Korridor) organisatorische Probleme gebracht hätte, blieben die jüdischen Männer in der Stadt in Haft. Frauen und Kinder durften Wäsche und Essen abgeben. Es war eine traumatische Erfahrung für die Familien und die jüdische Gemeinde.
Quelle Bild unten Wikimedia Commons Autor AI9999
Am 9. November 1938 wurden die Insassen aus dem schönen neuen Jüdischen Altersheim in der Regentenstraße 26/28 vertrieben. Sie wurden dann in das Jüdische Waisenhaus in der Lindenstr. einquartiert. Das Altersheim wurde von den Nazis beschlagnahmt. Heute befindet sich in dem Gebäude ein Krankenhaus.