Über diesen nicht gekennzeichneten Friedhof können wir viele Geschichten erzählen, aber Ende 2020 kam eine neue Geschichte hinzu. Das Gelände des Königsberger Neuen Jüdischen Friedhofs in Kaliningrad wurde von uns seit den 90ziger Jahren beobachtet. Dieser Friedhof existierte von 1929 bis zum Ende des Krieges. Die damals sehr moderne Totenhalle des deutschen Stararchitekten Erich Mendelsohn wurde am 10. November 1938 von den Deutschen zerstört, die Trümmer sind heute noch im Gelände zu finden. Viele Spuren von Grabstellen sind noch zu erkennen. 2010 fiel uns ein einziger komplett erhaltener umgestürtzter Grabstein auf.
Auf seiner Rückseite steht der Name Jacob Klimowsky. Die jüdische Familie Klimowsky in Ostpreußen war uns bekannt, aber wir hatten keine weiteren Hinweise zu dieser Person. Am Ende des Jahres 2020 kam ein Kontakt zu den Nachfahren zu stande, jetzt haben wir mehrere Bilder und seine Familiengeschichte. Jacob diente im Ersten Weltkrieg in der Deutschen Armee.
In Königsberg lebte er mit seiner Frau und zwei Kindern. 1933 verstarb der 55 jährige nach einer Operation. Seine Familie konnte 1939 auswandern. Seine Enkel und Urenkel leben heute in Israel, den USA und in der Schweiz. Ihnen war nicht bewußt, das ihr in Königsberg zurückgebliebene Vorfahre zufällig zu dem einzigen erhaltenen Grabstein dieses Friedhofs gehört. Manchmal muss man ein Jahrzehnt warten, um Antworten zu bekommen. Hoffentlich wird eines Tages diesem Stück Geschichte und den Vertorbenen vor Ort angemessen gedacht werden.
In Simcha Februar Ausgabe 2021, die Zeitung der Jüdischen Gemeinde Kaliningrad, hat man über diese Entdeckung der Familiengeschichte aus Königsberg berichtet.