Immer wieder gibt es neue Geschichten über Königsberger jüdische Familien – jetzt anläßlich einer Stolpersteinverlegung für Ernst Lipstein in Falkensee bei Berlin. Der Nobelpreisträger Max Born (https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Born) beschreibt in seinen Lebenserinnerungen die Familie seiner Stiefmutter Bertha Born geb. Lipstein (einer Schwester von Ernst Lipstein) sehr bildreich: „Lipstein […] war Kaufmann in Russland gewesen, ich glaube, er handelte mit Holz, und war reich geworden. Nun herrschte im Russland der Zaren ein heftiger Antisemitismus. Juden waren auf bestimmte Regionen beschränkt und durften nicht frei reisen, außer sie waren wohlhabende ‚Kaufleute der ersten Zunft‘. […] Der alte Lipstein hatte es bis zum Kaufmann der ersten Zunft gebracht, doch er verabscheute die zaristische Verwaltung und sehnte sich nach einer höheren Kultur, die er unter den Moskowitern nicht finden konnte. Deshalb schickte er seine Töchter auf Internate nach Deutschland oder in die Schweiz (meine Stiefmutter war in Lausanne) und seine Söhne an deutsche Universitäten. Schließlich entschloss er sich zur Auswanderung und ließ sich in Königsberg in Ostpreußen nieder, wo er jedoch bald darauf verstarb. Seine Frau Ida, die unsere Großmutter Lipstein wurde, lebte einige Jahre in Königsberg, zog aber später nach Berlin, wo zwei ihrer Töchter verheiratet waren. Die älteste, Paula, war wie ihre Mutter eine attraktive Frau […]. Die zweite Tochter, Helene, war selbst keine Schönheit, heiratete jedoch einen angesehenen, fast aristokratisch anmutenden Mann […].

Es gab auch drei Brüder. Nur einer von ihnen, Alfred Lipstein, studierte Medizin und war lange Zeit Assistent von Paul Ehrlich in Frankfurt. Als ich später in Heidelberg studierte, trafen wir uns oft und wurden gute Freunde. […] Diese Freundschaft hielt an. Es gelang ihm nicht, Deutschland zu verlassen, und ich fürchte, dass er und seine charmante Frau ebenso wie seine Brüder und Schwestern dem Terror der Nazis zum Opfer gefallen sind. […] Mamas jüngerer Bruder, Ernst Lipstein, hatte gerade seinen einjährigen Dienst im 2. Dragoner-Garde-Regiment in Berlin beendet.“  Ida Lipstein, die wei die gesamte Familie aus Slonim (Gouvernement Grodno) stammte, starb mit 95 Jahren im Dezember 1932 in ihrer Wohnung am Olivaer Platz. Ernst Lipstein (1874-1958), der als Maschinenbauer u. a. für Siemens und AEG arbeitete, überlebte als einziges der sechs Kinder Entrechtung, Demütigung und Verfolgung der NS-Zeit. 

Foto vom LABO Berlin. Alles über die Veranstaltung der Stolpersteinverlegegung inkl. Flyer finden Sie hier:
https://www.stolpersteine-falkensee.de/veranstaltungen/stolpersteinverlegung-falkensee/