Stolpersteinverlegungen in Berlin für Eltern und Töchter

Ursula Rosenthal – später Michal Milo
Lieselotte Rosenthal

Die Familie Rosenthal
Isidor Rosenthal wurde am 10. November 1878 in Lyck geboren. Er war der Sohn von David und Natalia Rosenthal. Während des Ersten Weltkriegs wurde ihm das Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen. Seine Frau Elsbeth wurde am 5. November 1890 in Toruń als Tochter von Arnold und Natalia Danziger geboren. Sie hatten drei Töchter: Liselotte, Alice und Ursel.

Die Rosenthals lebten in Lyck in ihrem eigenen Mietshaus in der Kaiser-Wilhelm-Str. 68 (heute Wojska Polskiego 18 – siehe Foto). Sie bewohnten eine 7-Zimmer-Wohnung im ersten Stock über Felix Kellermanns Schuhgeschäft und einer Drogerie. Das Mietshaus mit Nebengebäude, Lager, Garagen, Schuppen und Stallungen wurde von Isidor Rosenthals Speditionsunternehmen „Rosenthal & Sohn“ genutzt, das von seinem Vater gegründet worden war.

Im April 1933 wurde dem Unternehmen die Lizenz als offizieller Bahnspediteur entzogen. Unter Zwang verkaufte Rosenthal die Speditionsfirma für eine geringe Gebühr an die dort beschäftigten „arischen“ Mitarbeiter. Das Unternehmen wurde von Willi Strehl und Paul Biernatowski übernommen (Adressbuch 1938). Als die Bauern aufhörten, Getreide an Juden zu verkaufen, verlor Isidor sein Getreidehandelsunternehmen und damit die letzte Möglichkeit, sich und seine Familie zu ernähren. Später im selben Jahr wurde Isidor Rosenthal „präventiv verhaftet“ und in das Gefängnis von Lyck gebracht.

Nach seiner Entlassung beschloss er, mit seiner Familie nach Berlin zu ziehen, in der Hoffnung, der Verfolgung durch die Nazis in der Großstadt zu entgehen. Lyck hatte eine Bevölkerung von 15.000 Einwohnern, von denen nur 137 Juden waren. Die Familie Rosenthal konnte einen Teil ihrer wertvollen Inneneinrichtung mit nach Berlin nehmen: Perserteppiche, Gemälde, ein Bechstein-Flügel. Sie ließen sich im Stadtteil Charlottenburg in der Suarezstraße 21 nieder.
In Berlin versuchte Iisidor Rosenthal, sein Leben durch den Handel mit Kartoffeln und Tierfutter wieder aufzubauen. Anfangs liefen die Geschäfte gut. Er half seinen Töchtern Alice und Ursel bei der Ausreise. Alice wurde in Spandau inhaftiert, konnte aber nach ihrer Entlassung nach Belgien und von dort nach England gehen. Später wanderte sie nach Australien aus.

Bald darauf gingen I. Rosenthals Einnahmen aus dem Handel zurück und die finanzielle Situation der Familie verschlechterte sich erheblich. Infolge des „Erlasses über den Ausschluss der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ (12.10.1938) verlor Rosenthal sein Geschäft erneut. Nach dem Novemberpogrom verzog die Großmutter Natalie Rosenthal geb. Cohn, die als letzte der Familie noch in Lyck gelebt hatte, ebenfalls nach Berlin.
Anfang 1940 wurden die Rosenthals aus ihrer Wohnung in der Suarezstr. 21 vertrieben und zwangsweise in ein Nebengebäude in der Xantener Str. 4 umgesiedelt. Von dort wurden Isidor und Elsbeth Rosenthal in das Sammellager in der alten Synagoge in der Levetzowstr. 7/8, und dann vom Güterbahnhof in Berlin-Moabit (Putlitzstr.) mit dem sogenannten „18. Osttransport“ (15.08.1942) nach Riga deportiert. Der Zug DA 401 mit 1004 Menschen kam am 18. August 1942 in Riga-Skirotava an. Da das Rigaer Ghetto bereits im Oktober 1941 liquidiert worden war, wurden alle Juden aus dem Reich (mit Ausnahme einer unbekannten Krankenschwester) unmittelbar nach ihrer Ankunft in den Wäldern von Rumbula und Biekierniki ermordet.
Großmutter Natalie Rosenthal wurde nach Theresienstadt deportiert wo sie verstarb.
Die mittlere Tochter Lieselotte war ab 1935 zeitweilig in Erziehungsheimen und verbüßte wegen kritischer Bemerkungen und Fehlverhaltens Haftstrafen. Laut späterer Aussage ihrer Schwester verstarb sie in einem Arbeitlager bei einem Bombenangriff 1943.

Ursel (Ursula) Rosenthal, in Israel – Michal Milo (geboren am 25. November 1920 in Ełk) – war die jüngste Tochter. In Berlin engagierte sich Ursel in den zionistischen Jugendorganisationen Shomer HaTzair und „Werkleute“. 1938 emigrierte sie nach Palästina. Ab 1942 lebte sie im Kibbuz Hasorea, der 1933 durch das Engagement von Mitgliedern der Organisation „Werkleute“ gegründet worden war. Sie arbeitete im Kibbuz als Strickerin und Näherin. Sie starb am 2. Februar 2001 in Hasorea.

An Isidor und Elsbeth Rosenthal wurde mit Stolpersteinen im Bürgersteig neben dem Wohnhaus, in dem sie in Berlin lebten, erinnert. Die Gedenkfeier für Liselotte, Alice und Ursel findet am Mittwoch, den 2. April 2025 um 10.40 Uhr in Berlin in der Suarezstr. 21 statt.

Quellen:
Initiative und Facebook-Post des Lokalhistorikers Stefan Marcinkiewicz (in Polen).
Text und Fotos nach: Sabine Jähret, ergänzt durch Stolperstein-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf. https://www.stolpersteine-berlin.de/de/biografie/6081
Adressbücher von 1922, 1938.
Transportliste mit dem Eintrag Isidor Rosenthal aus Lyck (15.08.1942).
Überarbeitet und veröffentlicht am 27.03.2025