2017 Kaliningrad (Königsberg) / Russland

Exhibition Jews in Koenigsberg

Ausstellung „Königsberger Juden um die Wende zum 20. Jahrhundert“, Kaliningrader Museum für Geschichte und Kunst (in der früheren Stadthalle) vom 9. November bis 10. Dezember 2017.
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Erläuterungen zum großen Bild der Familie Eichelbaum

Die Ausstellung informiert mit zahlreichen Dokumenten und Photos über die Aktivitäten von jüdischen Königsbergern in Wirtschaft, Wissenschaft (Universität), Gesundheitswesen, Stadtgestaltung, Infrastruktur, Kunst und Kultur um die Wende zum 20. Jahrhundert, von denen es heute noch viele sichtbare Spuren in Kaliningrad gibt. Zentraler Mittelpunkt der Ausstellung ist der rekonstruierte Sitzplan der Eröffnungsfeier der Synagoge Lindenstraße im August 1896. Die Exponate weisen nach, dass die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Königsberg einen wichtigen Bestandteil der Stadtgesellschaft um die Jahrhundertwende darstellten.

Kaliningrader Museum für Geschichte und Kunst (in der früheren Stadthalle von Königsberg)

  

Die Ausstellungseröffnung hatte großen Zuspruch. Es kamen Besucher aus der Jüdischen Gemeinde, Nachfahren von Königsberger Juden aus dem Ausland, Diplomaten (D. LT), der örtliche Rabbiner, Besucher aus der litauischen Grenzregion, Fotografen, Journalisten, Fernsehteams und wichtige Vertreter der Stiftung, die gerade den Wiederaufbau der Synagoge von Königsberg betreibt.

Eröffnungsrede:

Heute, zu einem Zeitpunkt, an dem der Wiederaufbau der Synagoge in Kaliningrad gerade vorangetrieben wird, stellt sich die Frage, wer waren diese Juden, die um die Jahrhundertwende in Königsberg lebten, als die Synagoge an der Lindenstraße gebaut wurde: Wie sah ihr Leben aus? Womit haben sie sich beschäftigt? Wie sahen sie sich selbst?
Die jüdische Gesellschaft war damals sehr heterogen. Viele Familien kamen aus den unterschiedlichsten Orten und Gegenden. Und das ist heute auch nicht anders. Der Verein  „Juden in Ostpreußen“, der diese Ausstellung initiierte und gestaltete, hat sich zum Ziel gesetzt, zum einen den heutigen Bewohnern die Geschichte der Juden in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg näher zu bringen und zum anderen den heute über der ganzen Welt verstreut lebenden Nachfahren mehr über das Leben ihrer Vorfahren in Ostpreußen zu berichten.
Diese Ausstellung, die dank der großzügig überlassenen Information von Königsberger Juden und deren Nachkommen zu Stande kommen konnte, ist ein wichtiges Ereignis. Allen, die daran beteiligt waren, ein herzliches Dankeschön. Ein besonderer Dank gilt dem Historischen Museum, dessen Unterstützung die Verwirklichung des Plans ermöglichte. Die Eröffnung der Ausstellung am 9. November vereint die Besucher – sowohl die Nachkommen der Königsberger Juden als auch die heutigen Bewohner – im gemeinsamen Gedenken an den November-Pogrom.
Berlin / Warschau / Kaliningrad: November 2017
für den Verein Juden in Ostpreußen
Prof. Dr. Ruth Leiserowitz
Michael Leiserowitz

Die Kindergruppe der Jüdischen Gemeinde besucht die Ausstellung

Wir als Veranstalter hatten die Möglichkeit, spezielle Besucherguppen in der Ausstellung zu empfangen – wie die Deutsch-Schüler des örtlichen Goethe-Instituts und die Kinder der jüdischen Gemeinde. Sie hörten Geschichten vom Teehandel mit Russland, über die ersten Autos in der Stadt und waren beeindruckt, dass Häuser, die ihnen vertraut sind, von Juden gebaut wurden. Für ihr persönliches Selbstverständnis ist es wichtig zu wissen, dass eine große und stolze jüdische Gemeinde gab, die ihre Stadt mitgeprägt hat.

Zum Abschluss: Musikalischer Vortrag von Prof. Jascha Nemtsov

Am 10.Dez. 2018 stellte Prof. Jascha Nemtsov sein Spezialthema vor: „Jüdische Musik in Königsberg – Arno Nadel und die jüdische musikalische Renaissance“.

Prof. J. Nemtsov Bild: Rut Sigurdardottir

Königsberg war um die Jahrhundertwende ein wichtiges Zentrum der jüdischen Musik. Arnold Nadel (1878–1943), ein herausragender Musiker und eine wichtige Gestalt der jüdischen Kultur, verbrachte einige Jahre hier, die seine späteren Aktivitäten weitgehend bestimmen sollten. Jascha Nemtsov, Pianist und Musikwissenschaftler, lebt in Berlin. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für die Geschichte der jüdischen Musik an der Musikhochschule „Franz Liszt“ in Weimar. Er hat bereits über 30 CDs mit Ersteinspielungen von Werken vergessener jüdischer Komponisten vorgelegt.

Einblick in die Ausstellung bzw. in den Ausstellungskatalog

„Ich habe mich deshalb entschlossen, in Nachstehenden nach Möglichkeit sowohl von meinem Schaffen, als auch der Zeit, in der ich lebte, Erinnerungen wiederzugeben.“
(Aron Liebeck, Königsberg, 1928)

Aron Liebeck ist unser Haupterzähler in der Ausstellung. In seinen Memoiren beschreibt er Dinge, die andere nicht für wichtig erachteten. Wir erfahren viel über das harte Leben von Migranten und Kleinhändlern in Ostpreußen, über seinen mühevollen Aufstieg aus der Position eines Lehrlings. Die Innenansichten eines Buchhalters geben den Blick auf viele gescheiterte Geschäftsmodelle frei, die im normalen Leben durchaus vorkamen. Er beschreibt das gesellschaftliche Leben der Zeit und welche Rolle dabei Vereine spielten. Er schildert technische Neuerungen und deren  Auswirkungen. Wir erfahren viel über das Familienleben der Zeit und über Lebensglück.

Viele junge arbeitswillige und aufstiegshungrige Juden zog es gerade aus dem Ansiedlungsrayon [Pale of Settlement] nach Königsberg.

Die Sommermonate wurden im Seebad Cranz verbracht, wo sich viele Familien Sommervillen bauen ließen.

Jahreskarte für die neue Synagoge

Der Kaufmann und Kerosinhändler Salomon Aschkanasy und seine Frau Flora, geb. Lubliner, mit einem der ersten Autos in Königsberg (mit Dank an Michael Maisey).

Besucher der Ausstellungseröffnung am 9. November 2017 in Kaliningrad.

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